Schmutziges Land

Als Fotograf bin ich es gewohnt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Hinschauen, nicht wegschauen. Fotografenkrankheit eben. Das tut manches Mal ganz schön weh. Was ich seit Jahren beobachte, ist die umfassende Verdreckung, Beschmutzung und Unordnung im öffentlichen Raum. Irgendwann hat man sich an diesen Zustand gewöhnt, es interessiert keinen.

Thematisiere ich, dass der öffentliche Raum in Deutschland an so vielen Ecken und Enden einem Drecksstall gleichzusetzen ist, wird zumeist mit den Schultern gezuckt und die übliche Entschuldigungs- und Relativierungsrhetorik gestartet. "Stell dich nicht so an." "Früher war es auch nicht besser!" "Ist doch nicht so schlimm." "Was du dich immer aufregst!" Und so weiter. Und so fort. 

Ich möchte das aber nicht relativieren. Ich will dafür kein Verständnis haben. Ich will das nicht tolerieren. Der Staat ist in etlichen Bereichen inzwischen gegenüber dem Bürger so übergriffig, dass man die Missstände durchaus anprangern darf. Da stehen Monate nach Bauarbeiten immer noch Baustellenschilder herum. Da ist kaum eine Mauerfläche unebschmiert. Da liegt Müll herum, da werden Abfalleimer nicht geleert, da sind Bushaltestellen, Bahnhöfe, Unterführungen etc. Horte des Vandalismus. 

Ich will das alles nicht mehr. Warum lassen wir eine Vermüllung und  Verschmutzung zu? Warum wehren wir uns nicht gegen diese Verkommenheit? 

So verstehe ich meine Bilder wie dieses als Anklage. Oft denke ich, dass man diesen ganzen Dreck im öffentlichen Raum unter dem sarkastischen Motto "So schön ist Deutschland" zu zeigen. Aber ist Sarkasmus gerechtfertigt? Ja, ich denke schon, wenn uns Politiker einreden wollen, wir würden im besten Deutschland leben, das es je gab. Mitnichten, liebe Politiker, mitnichten. 

Ich habe dieser Tage ein Bild gesehen, das verdeutlicht, was schief läuft. Eine Straße in einer ungenannten deutschen Stadt. Die Mauern voller Farbschmierereien, von Graffiti möchte ich nicht sprechen, weil Graffiti etwas mit Kunst zu tun hat. Der Unkraut auf dem Bürgersteig und im Rinnstein: präsent, sehr präsent. Die ganze Straße: dreckig, voller Schlaglöcher. Ein Asphaltflickenteppich übler Art. Kein Aushängeschild. Das genaue Gegenteil. 

In einem Teil der Straße darf nicht geparkt werden, aber einige Autofahrer versuchen es doch. Eine Ordnungskraft der Stadt verteilt Knöllchen. Eine Vertreterin der Stadt, die diese Straße so verkommen und verdrecken lässt. Ich bin sicher, nein, ich weiß es. In der Verwaltung dieser Stadt ist man überzeugt, dass der öffentlichen Ordnung in dieser Straße Genüge getan ist. 

Das Geld aus den Knöllchen ist willkommen. In die Straße wird vermutlich kein Cent der Einnahmen investiert. Oder wie es in meiner Heimatstadt ist. Hier werden, wenn die Straßenschäden zu groß werden, Tempo-30-Schilder aufgestellt.